Sie steht den Menschen in Krankheit und Tod zur Seite

24.05.2023

Langjährige Klinikseelsorgerin geht in den Ruhestand

Auch wenn es nur eine elektrische Kerze ist, zündet Gabriele Rössle-Kohl sie gerne an – wenn sie bei einer Patientin war, der es schlecht geht, oder wenn ihre eigenen Kräfte an die Grenzen kommen. Dann vertraut sie mit dem kleinen Ritual alle Sorgen dem Herrgott an. „Das entlastet mich“, sagt die Dipl. Religionspädagogin, die seit 26 Jahren am Deggendorfer Klinikum arbeitet und bald in die Freistellungphase der Altersteilzeit geht.

In dem Vierteljahrhundert ihrer Dienstzeit hat sich viel geändert. Spontan fällt ihr die Errichtung des Mammazentrums für Patientinnen mit Brustkrebs und des Bunten Kreises als Nachsorgeeinrichtung für Familien mit Frühgeburten ein. Und die Verbesserung der Erreichbarkeit: Früher ging sie auf einer Station von Zimmer zu Zimmer und sprach mit den Menschen, da es noch keine mobilen Telefone gab. Heute wird sie dorthin gerufen, wo sie gebraucht wird. Dadurch hat sich die Arbeit intensiviert: Zum Beispiel im Kreißsaal, insbesondere wenn Kinder zur Welt kommen, die nicht mehr leben. Dann steht sie den Eltern zur Seite und trauert mit ihnen. Wichtig ist dann zum Beispiel, das Kind anzuschauen und auch Fotos zu machen. Auch das Ritual eines Segens für das Kind hilft den Eltern. Gabriele Rössle-Kohl hat sich in der Folge auch um die würdige Bestattung der Sternenkinder im so genannten Sternenkindergrab in Deggendorf gekümmert, das im Jahr 2002 neu eingerichtet worden ist.

Vor dem Kreißsaal hat sich auch ihr schönstes Erlebnis ereignet. Vor rund zehn Jahren wurde sie vorsorglich zu einer Geburt gerufen, wo sie eine Nottaufe vornehmen sollte. Die Ärzte gingen davon aus, dass das Kind nicht lange leben würde. Gabriele Rössle-Kohl wartete mit dem Vater vor der Tür und an ihnen vorbei gingen die Chef- und Oberärzte in den Kreißsaal und schließlich kam ein Oberarzt mit dem Neugeborenen heraus. Es hatte letztlich das Downsyndrom und lebt heute froh und geborgen in seiner Familie und wurde auch daheim getauft.

Als katholische Seelsorgerin hat sie auch manchmal mit überkommen Überzeugungen im männerzentrierten Katholizismus zu kämpfen. Wenn sie sich in manchem Krankenzimmer vorstellt, gibt es öfter mal die Antwort: „Ich bin aber katholisch.“ Dann antwortet sie: „Ich auch.“ und dann ist das Eis auch schon gebrochen. Manchmal ergeben sich daraus, auch langjährige Begleitungen – manchmal auch außerhalb des Klinikums, manchmal kommen aber die Patienten leider öfter ins Haus. Sie ist aber auch Anlaufstelle für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, entweder, weil sie selbst jemanden zum Reden brauchen oder weil sie darum bitten, dass Frau Rössle-Kohl mal bei der Mutter oder beim Vater vorbeischaut, wenn er oder sie als Patient im Klinikum ist. Und manchmal zündet auch sie für ihn ein Kerzerl in der Klinikkapelle an.