Interview mit Utto Stubhahn

25.06.2020

Was war belastend an der Corona-Situation?
Die Ungewissheit, wie sich die Infektionszahlen der ersten Welle innerhalb unseres Einzugsbereich entwickelt, sprich: Wie viele schwerstkranke Intensivpatienten werden zu uns kommen? Dazu gekommen sind die Berichte aus Kliniken anderer EU-Länder mit den „kriegsähnlichen“ Zuständen und überlasteten Notaufnahmen sowie Intensivstationen. Wir haben uns gefragt: „Sind wir gut genug vorbereitet auf die erste Welle? Wie reagieren die Mitarbeiter auf Corona bzw. kann ich ihnen genügend Schutzausrüstung zur Verfügung stellen?“

Wie ging es Ihnen persönlich mit dem Virus?
Persönlich hatte ich anfangs keine Furcht zu erkranken. Alles war sehr weit weg. Als jedoch mehrere COVID-intensivpflichtige Patienten zu betreuen waren, erkannte ich wie heftig eine COVID-Infektion verlaufen kann. Ab diesen Zeitpunkt hatte ich Respekt, aber weiterhin keine Angst zu erkranken. Abstand und Masken war ab diesen Zeitpunkt für mich absolut wichtig.

Wie haben Sie den Umgang mit den Patienten empfunden? Hat sich etwas geändert?
Einen COVID-Patienten zu betreuen und zu pflegen, ist sehr zeitintensiv und Schwerstarbeit, bezugnehmend auf Schutzkleidung. Das bedeutet auch, dass um ein Vielfaches an Personal eingesetzt werden muss. Ansonsten wurden die COVID-Patienten wie alle anderen „Isolierpatienten“ betreut.

Gab es auch gute Seiten?
In der Phase, in der es bis zu zehn COVID-Patienten zu betreuen gab, haben wir eine unglaubliche Teamleistung erreicht, was auch nötig war. Mitarbeiter verlängerten ihre Dienste freiwillig, haben angeboten einzuspringen. Wir haben auch Kontakt zu ehemaligen Mitarbeitern aufgenommen. Alle hätten wieder geholfen, wenn es nötig gewesen wäre. Viele COVID-Patienten konnten durch Intensivmedizin als „gesund“ entlassen werden. Anhand aktueller COVID-Zahlen und Todesfälle anderer Länder erkenne ich jetzt, wie gut die medizinische Versorgung in Deutschland ist.