Prof. Dr. Rath informiert über das Karpaltunnelsyndrom

06.02.2020

Plattling. "Wenn der Nerv unter Druck steht: Was tun bei Karpaltunnelsyndrom?" lautete kürzlich das Thema im Vortragsaal der AOK. Im Rahmen der Reihe "Gesundheit im Dialog 2020" informierte der Spezialist und Neurochirurg vom Donau-Isar-Klinikum Deggendorf, Chefarzt Prof. Dr. med. Stefan Rath, darüber. Die Schirmherrschaft hatte Bezirksrätin Margret Tuchen übernommen, Mitveranstalter waren die AOK, das Klinikum, der Kneippverein sowie die Volkshochschule Deggendorfer Land.

Der Karpaltunnel ist der Raum zwischen den Handwurzelknochen und dem darüber liegenden Karpalband, durch den verschiedene Sehnen und der Medianus-Nerv verlaufen. Dieser Nerv ist für die Empfindungsfähigkeit des Daumens, Zeige- und zum Teil auch Mittelfingers zuständig. Außerdem ist er für die Steuerung bestimmter Hand- und Fingermuskeln verantwortlich.

Ist der Nerv geschädigt, spürt der Mensch womöglich nächtliches Kribbeln und ein Taubheitsgefühl im Bereich von Daumen bis Mittelfinger. Im späteren Stadium können auch Schmerzen beim Greifen auftreten.

Ein Karpaltunnelsyndrom kann sich bei jedem Menschen entwickeln. Meist sind früher oder später beide Hände betroffen. Sowohl Symptome als auch der Verlauf eines Karpaltunnelsyndroms können sehr unterschiedlich sein. Im Allgemeinen verschlimmern sich die Symptome im Verlauf der Erkrankung aber kontinuierlich. Besonders nehmen sie nach starker Belastung wie Gartenarbeit, Renovierungsarbeiten, Maschinenarbeiten, aber auch während der Schwangerschaft und nach Verletzungen am Arm zu. Seltener bleiben die Beschwerden, die ein Karpaltunnelsyndrom verursacht, über längere Zeit konstant.

 

Beim Gang zum Arzt ist es oft schon zu spät

Manche Patienten leiden über Jahre nur an mäßigen Beschwerden, die von langen beschwerdefreien Intervallen unterbrochen werden. In solchen Fällen gehen die Betroffenen oft erst spät zum Arzt. Der Nerv ist dann meist schon irreversibel geschädigt.

Das Karpaltunnelsyndrom kommt vor allem bei Menschen zwischen 40 und 60 Jahren vor, wobei Frauen drei- bis viermal häufiger betroffen sind als Männer. "Im Landkreis Deggendorf werden etwa 500 Personen jährlich diagnostiziert", so Chefarzt Dr. Rath.

Der Chefarzt verdeutlichte die vielen verschiedenen Ursachen. Äußere Einflüsse spielen beim Karpaltunnelsyndrom nur eine geringe Rolle, es ist fast immer anlagebedingt. Risikofaktoren sind zum Beispiel Diabetes, rheumatische Erkrankungen oder eine Schwangerschaft. Alltagsaktivitäten wie Schreiben oder Sport erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass ein Karpaltunnelsyndrom auftritt, dagegen nicht. Jedoch können starke berufliche Handgelenksbelastungen etwa bei Montagearbeiten oder ständigem Arbeiten am Computer das Auftreten eines Karpaltunnelsyndroms fördern. Wer solche Tätigkeiten ausübt, sollte daher auf regelmäßige Pausen achten.

Eine Behandlung ist immer dann nötig, wenn die Beschwerden häufig oder anhaltend auftreten. Bei einer leichteren Ausprägung des Karpaltunnelsyndroms kann der Arzt eine Handgelenksschiene für die Nacht verordnen oder entzündungshemmendes Kortison in Tablettenform oder als Spritze in den Karpaltunnel verabreichen. Eine Kortisontherapie sollte aber nur über einen kurzen Zeitraum hinweg durchgeführt werden. Vielen Betroffenen helfen zudem gezielte Übungen zur Handwurzelmobilisation. Begleitend können entzündungshemmende Schmerzmittel eingenommen werden.

Dann, wenn Taubheitsgefühle und Ausfälle der Muskelfunktion länger anhalten, sich durch diese Behandlungsmaßnahmen nicht bessern oder den Betroffenen stark belasten, kann eine Operation in Frage kommen. Der Eingriff kann in der Regel ambulant sowie unter lokaler Betäubung durchgeführt werden. Bei der Operation durchtrennt der Chirurg das Karpalband. Das ist eine feste Bindegewebsstruktur, die sich fest über den unteren Bereich der Handwurzel über den Karpaltunnel spannt. Außerdem entfernt er aus dem Sehnenfach Gewebe, das den Nerv einengt. Dadurch haben Nerv und Sehnen wieder mehr Raum. Das Ergebnis sei in den meisten Fällen, bei über 90 Prozent, gut bis sehr gut. Ein Muskelabbau, der schon länger vor der Operation bestand, dürfte allerdings auch durch den Eingriff nicht mehr rückgängig zu machen sein.


Karpaltunnelsyndrom kann vollständig geheilt werden

 
Dr. Rath zeigte die einzelnen Operationsmöglichkeiten auf. Er selbst führte bereits über 5000 solcher Eingriffe durch. Wird rechtzeitig und erfolgreich operiert, kann das Syndrom vollständig geheilt werden. Die Schmerzen verschwinden in der Regel schon am Tag nach dem Eingriff. Beweglichkeit, den Tast- und Empfindungssinn muss der Patient jedoch erst wieder trainieren. "Der Heilungsprozess kann abhängig von der Schwere der Erkrankung wenige Wochen bis einige Monate in Anspruch nehmen", erklärte der Chefarzt abschließend. Den Vorträgen schloss sich eine rege Aussprache an.

(Kneippvorstandsmitglied Gerard Zacher (l.), Chefarzt Dr. Stefan Rath (m.) und AOK-Vertreter Dietmar Liebhaber (r.))

(Chefarzt Dr. Stefan Rath)