Mikrobiom neuer Angriffspunkt in der Krebstherapie

23.06.2018

Mikrobiom neuer Angriffspunkt in der Krebstherapie
Experten diskutieren beim 10. Hämatologie-Forum

Bereits zum zehnten Mal hat Chefarzt Prof. Dr. Siegfried Wagner von der Klinik für Innere Medizin II am DONAUISAR Klinikum Deggendorf zum Deggendorfer Hämatologie-Forum ins Stadthotel eingeladen. In der hochkarätig besetzten Fachveranstaltung über Blutkrebs wurden brandneue Forschungsergebnisse aus dem Grundlagenbereich vorgestellt und deren klinische Anwendung bei Patienten mit Leukämien diskutiert. Privatdozent Dr. Nicolas Graf, Sektionsleiter im Fachbereich Hämatologie/Onkologie am Klinikum Deggendorf, berichtete in seinem Grußwort über die Einführung der Immuntherapie als völlig neuem Therapieprinzip, welches neue Chancen auch bei bestimmten Blutkrebserkrankungen ermöglicht.

Professor Dr. Ernst Holler, Leitender Oberarzt und Leiter Allogene Stammzelltransplantation von der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III des Universitätsklinikums Regensburg referierte zum Einfluss des Mikrobioms auf die Entstehung von Tumoren sowie auf die Wirkungsweise von Chemo- und Immuntherapien. Das Mikrobiom umfasst alle natürlicherweise beim Menschen vorkommende körpereigene Mikroorganismen wie Bakterien, Viren und Pilze. Interessanterweise repräsentiert das Mikrobiom 99% der im menschlichen Organismus vorkommenden Gene, während die 20000 Gene des Menschen selbst nur 1% ausmachen. Die Mikrobiomforschung ist aktuell der Bereich mit der größten Wachstumstendenz in der medizinischen Forschung. Professor Holler berichtete, dass zwischen Mikroorganismen im menschlichen Körper und dem Immunsystem ein fein reguliertes Gleichgewicht herrsche, welches durch verschiedene Faktoren wie Nahrung und Medikamente beeinflusst werden könne. Das Mikrobiom spiele auch in der Krebstherapie eine wesentliche regulatorische Rolle. Auf diese Weise kann die Einnahme von Antibiotika die Wirksamkeit von Chemotherapie und Immuntherapie verändern. Daher sei grundsätzlich bei allen Patienten ein sparsamer Einsatz von Antibiotika angezeigt, insbesondere auch bei Krebspatienten.

Dr. Daniel Heudobler, Funktionsoberarzt des interdisziplinären Zentrums für medikamentöse Tumortherapie an der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III des Universitätsklinikums Regensburg stellte dem Fachpublikum anschaulich dar, wie Tumoren durch die Beeinflussung ihrer unmittelbaren Umgebung, des sogenannten Mikromilieus, behandelt werden können. Am Beispiel eines Medikamentes für Diabetespatienten zeigte er die positiven Wirkungen auf, welche dies zum Beispiel für eine spezielle Form der Leukämie haben kann. Die Forschung werde derzeit auf diesem Gebiet intensiv vorangetrieben, um weitere Medikamente mit eben diesen positiven Wechselwirkungen zu identifizieren und bei der Krebsbehandlung einzusetzen.

Dr. Christopher Haberl, Leiter Sektion Onkologie und Hämatologie von der Medizinischen Klinik I am Klinikum St. Elisabeth in Straubing stellte anschließend einen praktischen Fall einer jungen Frau mit Blutarmut dar und verdeutlichte daran die aktuellen Erkenntnisse der Forschung, welche gemeinsam diskutiert wurden.

Die Organisatoren Professor Wagner und Dr. Graf dankten dem Fachpublikum für das große Interesse an der Veranstaltung über das letzte Jahrzehnt hinweg. Ein Dank galt auch den Fachkollegen des Klinikums St. Elisabeth in Straubing mit denen im jährlichen Wechsel das Hämatologie-Forum veranstaltet wird.

Foto: PD Dr. med. Nicolas Graf, Prof. Dr. med. Ernst Holler, Dr. med. Daniel Heudobler, Dr. med. Christopher Haberl, Prof. Dr. med. Siegfried Wagner