Herzschwäche ist die Epidemie des 21. Jahrhunderts

27.11.2017

Herzschwäche ist die Epidemie des 21. Jahrhunderts
Chefarzt Privatdozent Dr. Martin Giesler referierte anlässlich der Herzwoche
 
(Text von Gerard Zacher - Kneippverein Deggendorf)

In Deutschland finden für Herzpatienten jetzt wieder die Herzwochen statt. Im Mittelpunkt steht dieses Jahr die Herzschwäche (medizinisch: Herzinsuffizienz) . Sie ist die Epidemie des 21. Jahrhunderts. In Deutschland leiden zurzeit etwa zwei bis drei Millionen Menschen daran. Vorbeugen ist besser als heilen. Die frühzeitige Erkennung und Behandlung der Herzinsuffizienz ist wichtig. Die Herzschwäche entwickelt sich in etwa 70% der Fälle aus koronarer Herzkrankheit und hohem Blutdruck. Beide entstehen aus den bekannten Risikofaktoren wie Rauchen, falsche Ernährung, Übergewicht, Bewegungsmangel. Eine Änderung des Lebensstils, die die Risikofaktoren in den Griff bekommt, ist die beste Waffe gegen die Herzschwäche.

 Am Dienstag referierte am Hand von Schautafeln Chefarzt Privatdozent Dr. Martin Giesler von DONAUISAR Klinikum über die Herzschwäche im übervollen Saal des Gasthauses "Zur Post" in Winzer . Für die Deutsche Herzstiftung sprach Elke Mehr , sie verwies auf vielfältige Informationsmaterialien. Eingeladen haben im Rahmen der Reihe "Gesundheit im Dialog" die AOK, vertreten durch Johann Kapfenberger, der Kneippverein, vertreten durch Vorsitzenden Gerard Zacher und  das DONAUISAR Klinikum sowie die Vhs. Schirmherr Bürgermeister Jürgen Roith freute sich über den sehr guten Besuch und das große Interesse, wobei er Chefarzt Dr.Giesler und den Veranstaltern AOK, Kneippverein und Klinikum besonders dankte.

Viele Menschen glauben fälschlicherweise, dass Herzinsuffizienz einen plötzlichen Herzstillstand bewirkt. Tatsächlich aber handelt es sich hierbei um eine Erkrankung, die sich für gewöhnlich schleichend entwickelt. Sie tritt auf, wenn sich das Herz nicht richtig zusammenziehen oder entspannen kann. Dadurch füllt sich das Herz nicht mit ausreichend Blut oder kann nicht ausreichend Blut pumpen, um den Bedürfnissen des Körpers gerecht zu werden. Der Chefarzt zeigte die Arbeit des Herzens auf, die in zwei Phasen verläuft. In der Systole zieht sich der Herzmuskel zusammen und wirft Blut aus.  In der Diastole erschlafft der Herzmuskel und nimmt Blut auf.

Die Behandlung der Herzinsuffizienz ist abhängig von der Art der Herzinsuffizienz, an der der Patient leidet. Je nach Schwere kann eine Herzinsuffizienz unmittelbar lebensbedrohlich sein. Für gewöhnlich verschlechtert sie sich im Laufe der Zeit und erfordert eine Behandlung. Es gibt keine Heilung, aber bei adäquater Therapie können viele Menschen mit Herzinsuffizienz ein langes, schönes und erfülltes Leben führen.

Die Vorstellungen von Symptomen und Ursachen der Herzinsuffizienz entsprechen oft nicht der Realität. Weniger als die Hälfte erkannten bei einer Befragung  Schwellungen nicht als Symptom für Herzinsuffizienz, obwohl es eigentlich eines der Hauptsymptome ist. Symptome von Herzinsuffizienz können  u.a.  sein: Müdigkeit, Kurzatmigkeit, Schwellungen, insbesondere Beine und Knöchel, Muskelschwäche oder Schmerzen beim Sport, etwa Benommenheit, Schwindel und Übelkeit, Schlafstörungen, häufiger trockener Husten, verstärkte Abgeschlagenheit oder Schwindelanfälle, Appetitmangel. Bei solchen Symptomen ist es notwendig, sich an einen Arzt zu wenden, der  evtl. zu weiteren Untersuchungen an einen Facharzt verweisen kann Die häufigsten Erkrankungen, die zu Herzinsuffizienz führen können, sind koronare Herzkrankheit, Bluthochdruck oder Herzrhythmusstörungen. Weitere Ursachen sind Fettleibigkeit, Rauchen, Stress und Bewegungsmangel. Herzinsuffizienz wird nach Schweregrad klassifiziert: Klasse I (mild): Keine Symptome oder Einschränkungen bei normaler körperlicher Aktivität. Klasse II (mild): Leichte Einschränkung bei körperlicher Aktivität. Im Sitzen oder Ruhen fühlt sich der Betroffene wohl, aber normale Tätigkeiten führen zu Müdigkeit, Herzklopfen (das Gefühl, dass das Herz stark schlägt oder rast) oder Kurzatmigkeit.Klasse III (mittel): Stärkere Einschränkung bei körperlicher Aktivität. Der Betroffene fühlt sich nur im Sitzen oder Ruhen wohl; leichte Aktivitäten führen bereits zu Müdigkeit, Herzklopfen oder Kurzatmigkeit. Klasse IV (schwerwiegend): Kurzatmigkeit und Unbehagen bei jeglicher körperlicher Aktivität. Selbst im Sitzen oder Ruhen fühlt sich der Betroffene müde, hustet, ist kurzatmig und hat Schmerzen in der Brust.

Je früher bei Ihnen Herzinsuffizienz diagnostiziert wird, desto wirksamer kann der  Arzt die Erkrankung behandeln, damit ein längeres, aktiveres Leben geführt werden kann. Der Arzt wird eine Reihe von Tests  vornehmen bzw. verordnen, um Herzinsuffizienz zu diagnostizieren.

Die chronische Herzschwäche ist eine Krankheit, bei der die Pumpkraft des Herzens soweit abnimmt, dass nicht mehr genügend Blut und damit Sauerstoff und Nährstoffe zu Organen wie Gehirn, Nieren oder Muskeln gepumpt wird. Das hat schwerwiegende Folgen: Der ganze Körper wird in Mitleidenschaft gezogen. Es kommt nicht nur zu einschneidenden Beschwerden, in ihrem fortgeschrittenen Stadium bedroht die Herzschwäche das Leben des Patienten. Je früher die Herzschwäche (Herzinsuffizienz) erkannt wird, umso eher kann man mit den heutigen Therapiemöglichkeiten die fatale Entwicklung der Krankheit aufhalten oder verlangsamen.

Die Herzschwäche ist weit verbreitet Fast 50 000 sterben jährlich an dieser Krankheit. Trotzdem erhält die Herzschwäche nicht die nötige Aufmerksamkeit. Die Patienten neigen dazu, Atemnot, Leistungsschwäche und Knöchelödeme nicht wahrzunehmen oder auf das Alter zu schieben. Herzschwäche ist keine eigenständige Erkrankung. In ihr münden andere Herzkrankheiten – bei weitem am wichtigsten: die koronare Herzkrankheit und hoher Blutdruck.

Ziel der modernen Therapie der Herzschwäche ist es, in die Mechanismen einzugreifen, die nach heutigem Wissen zum Fortschreiten der Erkrankung beitragen, die Verschlechterung der Krankheit aufzuhalten oder sie zumindest zu verlangsamen. Die Chancen dafür sind umso besser, je früher die Herzschwäche erkannt wird. Die Therapie ist nicht nur darauf ausgerichtet, das Leben zu verlängern, sondern die Beschwerden so zu bessern, dass ein glückliches Leben möglich bleibt. Das Konzept umfasst verschiedene Vorgehensweisen, die je nach Diagnose und Schwere der Erkrankung zur Anwendung kommen: Behandlung der Ursachen, Medikamente , Bewegung als Therapie, spezifische Schrittmacher bis hin zur Transplantation,wobei  bei 3000 Patienten in Deutschland die Notwendigkeit bestehe, aber nur 300 Spender da sind.

Die Behandlung der Grundkrankheit ist die beste Strategie gegen die Herzschwäche, weil ihr dadurch der Boden entzogen wird. Zum Beispiel durch: gewissenhafte Einstellung des hohen Blutdrucks, Operation defekter Herzklappen, Bypassoperation oder Kathetereingriffe, um bei koronarer Herzkrankheit schlecht durchblutetes Gewebe wieder zu aktivieren.
 
Was erreichen Medikamente? Betablocker schirmen z.B. das Herz gegen die Stresshormone ab. ACEHemmer und Sartane verhindern schädliche Umbauprozesse und steigern die Leistungsfähigkeit des Herzens. Diuretika fördern die Entwässerung des Körpers und entlasten dadurch das Herz. Eine Behandlung mit Herzglykosiden (Digitalispräparaten) kommt heutzutage nur in schweren Fällen vor oder bei Patienten, die zusätzlich Vorhofflimmern mit deutlich zu hohen Herzfrequenzen trotz einer Therapie mit Betablockern haben. Früher galt: Bei Herzschwäche muss man sich körperlich schonen. Heute weiß man: Bewegung hilft, freilich nur nach Anweisungen des behandelnden Arztes.

Foto (v.l.): Schirmherr 1. Bürgermeister Jürgen Roith, Gerard Zacher vom Kneippverein, Elke Mehr von der Deutschen Herzstiftung, Chefarzt PD Dr. Martin Giesler und Johann Kapfenberger von der AOK