Urologietag: ermutigende Erkenntnisse gegen Krebs

16.11.2015

Urologietag zeigt ermutigende Erkenntnisse auf –
nicht nur in der in der Krebstherapie

Neue Therapien und Denkansätze haben den 12. Deggendorfer Urologietag geprägt: Bei der hochkarätig besetzten Fortbildung für Ärzte griff Chefarzt Dr. Leonhard Stark vom DONAUISAR Klinikum Deggendorf drei neue Aspekte in der Therapie des Prostatakrebses heraus. Sei früher die Chemotherapie beim metastasierten Prostatakrebs fortgeschrittenen Stadien vorbehalten gewesen, setze sich aufgrund neuer Studienergebnisse mehr und mehr auf einen frühzeitigen Einsatz bei geeigneten Patienten durch. Die neuen, oralen Medikamente in der Therapie des Prostatakrebses zeigten überwiegend kaum Nebenwirkungen, seien jedoch nur bei einem Teil der Patienten wirksam.
Neueste Untersuchungen hätten ergeben, dass der sogenannte „Androgenrezeptor“, die Schlüsselstruktur für die Teilung der Prostatazelle, bei manchen Tumoren so verändert sei, dass die modernen Medikamente überhaupt nicht wirken könnten. Derzeit werde mit Hochdruck daran gearbeitet, für diese sogenannte „splice-Variante“ einen Test zu entwickeln. In naher Zukunft könne der Urologe dann schon vor Beginn der Therapie entscheiden, welcher Patient von den modernen Medikamenten profitiere. Neu sei auch der Therapieansatz, die Tumorzellen direkt mit Hilfe eines radioaktiven Moleküles zu zerstören. Hierzu nutze man ein Molekül, das nahezu nur auf der Membran der Prostatakrebszelle vorhanden ist. Daran binde sich das Radionuklid mit Beta- und Gamma-Strahlung und zerstöre diese. Erste Erfahrungen zeigten positive Resultate: „Es ist spannend, wie sich hier ein neuer Therapieansatz in der Behandlung des metastasierten Prostatakarzinoms entwickelt“, so Dr. Stark.
Über Neues in der Immuntherapie berichtete Dr. Robert Tauber vom Klinikum rechts der Isar in München. Seit langem sei bekannt, dass das Immunsystem eine wesentliche Rolle beim Fortschreiten verschiedener Tumore spiele. Durch komplizierte Mechanismen gelinge es der Tumorzelle, den gesunden Körper zu täuschen und so die Immunantwort des Körpers zu unterdrücken. Mit neuen Medikamenten, den sogenannten Checkpoint-Inhibitoren, gelinge es, die Tumorzelle zu „enttarnen“ und eine Immunabwehr des Körpers zu ermöglichen. Erfolge zeigten sich  insbesondere in der Therapie des fortgeschrittenen Nieren- und Harnblasentumors.
In Vertretung der kurzfristig verhinderten Nuklearmedizinerin Andrea Teves berichtete Chefarzt Stark über die Therapie des Prostatakrebses mit Radium 223. Hierbei lagere sich das Radium 223, ein Alpha-Strahler, direkt an den Knochenmetastasen an und führe so zu einer Zerstörung der Knochenmetastasen. Nach langem und aufwändigem Genehmigungsverfahren liege nun die Genehmigung für die Anwendung in Deggendorf vor. Da es sich um eine radioaktive Substanz handele, werde die Therapie durch die Nuklearmediziner in enger Abstimmung mit den Urologen durchgeführt.
Chronische Schmerzen, die häufig auch Krebspatienten beträfen, zögen häufig Folgeprobleme nach sich. Der Schmerz werde dabei zum Mittelpunkt des Lebens, bestimme Stimmungen, Verhalten und Gedanken. So entstünden Ängste vor Arbeitsplatzverlust, sozialem Abstieg und persönlicher Isolation. Der darauf folgende soziale Rückzug führe auch zur Vermeidung körperlicher Aktivitäten. Durch diese Schonung verstärkten sich die körperlichen Einschränkungen noch weiter. Depressionen, die wegen dieser Entwicklung aufträten, erhöhten die Sensibilität gegenüber Schmerzreizen und der Schmerz beginne sich zu verselbstständigen – unabhängig von der primären Ursache. Die Intensität und das Ausbreitungsgebiet des Schmerzes nähmen zu, wodurch die psychosozialen Folgeprobleme an Bedeutung gewinnen würden. Vor diesem Hintergrund referierte Chefarzt Dr. Axel Menzebach, M.A., vom DONAUISAR Klinikum über Behandlungsmöglichkeiten von Depressionen im Kontext chronischer Erkrankungen.

Prof. Gresser sprach zur Harnsäure

Prof. Gresser sprach engagiert zur Harnsäure.

Prof. Dr. Ursula Gresser aus München sprach über eine „Volkserkrankung“ – die erhöhte Harnsäure. In einem fesselnden Vortrag zeigte sie auf, dass sie nach neueren Erkenntnissen keineswegs nur für Gicht und Nierensteine verantwortlich sei, sondern vielmehr im Laufe der Jahre zu Schäden an den Blutgefäßen führe. Ein frühes Warnsignal bei Männern könne eine Erektionsschwäche sein. Die Blutgefäße des Schwellkörpers seien weit empfindlicher als die Herzkranzgefäße, und so könne eine Erektionsschwäche Vorbote eines Herzinfarktes sein. Neben vernünftiger Ernährung empfahl Prof. Gresser die regelmäßige Einnahme von Harnsäure senkenden Medikamenten.
Ob bei Patienten, die aufgrund einer Prostatavergrößerung Beschwerden beim Wasserlassen hätten, auch PDE-5 Hemmer zum Einsatz kommen sollten, diskutierte Kirsten Röhl von der Firma Lilly. Neuen Untersuchungen zu Folge bewirke die niedrig dosierte Dauermedikation eines PDE-5 Hemmers nicht nur eine Besserung der Erektionsschwäche, sondern auch der Beschwerden beim Wasserlassen. Vor dem Einsatz dieses Medikamentes sei jedoch kritisch zu prüfen, ob der Patient die herkömmlichen Medikamente nicht auch vertrage.
Angesichts der vielfältigen Fortschritte zog Chefarzt Dr. Leonhard Stark als Veranstalter ein ermutigendes Fazit: „Es bleibt spannend. Der Kampf gegen den Krebs ist noch lange nicht gewonnen, aber wir sind ein Stück weiter.“