Podiumsgespräch: "Zu Hause daheim"

06.05.2015

Die demografische Entwicklung erfordert sozialpolitische, medizinische wie auch städtebauliche Veränderungen. Über die Erfordernisse tauschten sich im Rahmen der Landkreisveranstaltung „Zu Hause daheim“ am Sonntag Landrat Heinrich Trapp, Chefarzt Dr. Peter Kolbinger, Bürgermeister Ottmar Hirschbichler, BRK-Kreisvorsitzende Thea Schweikl und Monika Zistler von der Wohnanlage Königshof in Straubing aus. Die Gesprächsleitung hatte Verena Maier, Moderatorin beim Regionalsender Isar TV, übernommen.

In seinem Grußwort zu Beginn der Veranstaltung hatte Landrat Trapp bereits auf verschiedene Maßnahmen des Landkreises hingewiesen. Unter anderem auf die Schaffung von Heimplätzen in den beiden landkreiseigenen Heimen in Reisbach und Mengkofen und die Bezuschussung der privaten ambulanten Pflegedienste mit 100.000 Euro, um die Pflegekosten für die Familien nach oben hin zu deckeln. Bei dem Podiumsgespräch versicherte er zudem, dass der Landkreis, der im deutschen Familienatlas bei den Angeboten für Familien mit Kindern unter den 402 Städten und Landkreisen in Deutschland weit vorne liegt, alles unternehmen werde, dass dies auch bei den Angeboten für Senioren der Fall sein werde. „Es ist viel geschaffen worden in den letzten Jahren. Wir werden alles tun, um den Menschen nach einem arbeitsreichen Leben auch im Alter viel Lebensqualität zu sichern. Dafür müssen wir entsprechende Einrichtungen schaffen und weiterentwickeln.“

Mit den Zahlen der Bevölkerungsentwicklung, die zuvor den Veranstaltungsbesuchern mit der Pflegebedarfsstudie des Landkreises vorgestellt wurden, wolle der Landkreis auch die Bevölkerung für das große Thema der Zukunft sensibilisieren, erklärte Trapp weiter. Diese Zahlen waren auch beim Wallersdorfer Bürgermeister Ottmar Hirschbichler präsent: „Die Welle der Achtzehn- bis Vierundsechzigjährigen verschiebt sich auf Sechzig plus. In gut zehn Jahren werden wir mehr über Achtzigjährige haben, als unter Sechsjährige.“ Dadurch verändere sich vieles, stellte Hirschbichler fest, zum Beispiel in den Vereinen und auch beim Kaufverhalten der Bürger. „Die Geschäfte müssen wieder gut erreichbar im Ortskern liegen und nicht am Ortsrand. Aber es ist schwierig, große Supermarktketten ohne das Angebot von Parkplätzen hierfür zu gewinnen.“ Auch müssten diese Geschäfte ungehindert für Senioren mit Gehhilfen zu erreichen sein, ergänzte Hirschbichler. Das Kopfsteinpflaster, das in den meisten Gemeinden vorzufinden ist, sei nicht seniorengerecht. Hier hat die Marktgemeinde im Rahmen der Städtebauförderung bereits die erste Maßnahme in Richtung barrierefreiem öffentlichem Raum geschaffen. Ein beleuchtetes „grünes Band“ führt in Wallersdorf über den Marktplatz. Der farbig gekennzeichnete Weg ist nicht gepflastert, sondern eben und deswegen gut mit dem Rollator zu bewältigen. Seine Farbe macht die Autofahrer darauf aufmerksam, dass dieser Weg für Senioren bestimmt ist und nicht zugeparkt werden darf. Ein Projekt mit Zukunft ist auch das „Bauer-Anwesen“ in Wallersdorf. Das Gebäude zwischen Feuerwehrhaus und Schule stellt die Gemeinde Senioren für unterschiedliche Aktivitäten und Unternehmungen zur Verfügung. Das Haus ist Begegnungsstätte sowohl für Senioren als auch für „Jung und Alt“. Es beherbergt außerdem eine Betreuungsgruppe der Caritas und Ehrenamtlicher, die Demenzkranke in Obhut nehmen, während Angehörige den Einkauf tätigen oder sich eine Auszeit gönnen.

Auf die Entwicklung der Demenzerkrankungen machte der Chefarzt der Geriatrie Dr. Peter Kolbinger vom DONAUISARKlinikum Landau aufmerksam. Derzeit gäbe es in Deutschland eine Million an Demenz erkrankter Menschen, bis zum Jahr 2050 werden es bereits zwei Millionen sein. Die Gefahr, an einer Demenz zu erkranken, nähme mit dem Alter zu. Nur fünfzehn Prozent der Fünfundsechzigjährigen leiden an einer Form der Demenz, bei den über Achtzigjährigen machen die Demenzkranken bereits die Hälfte aus. Während die Pflegeüberleitung im Krankenhaus bei allgemeinen geriatrischen Erkrankungen dafür Sorge trägt, dass der Patient wieder in die gewohnte Umgebung zurückkommt, kann es bei Demenzkranken problematisch werden. „Nicht jeder Demenzkranke hat Kinder oder Enkel am Ort, die ihn versorgen. Hier fehlt es einfach noch an entsprechenden Angeboten.“

Neben den Vorzügen ihrer barrierefreien Wohnung in der Reisbacher St. Wolfsindis-Senioren¬residenz informierte BRK-Kreisvorsitzende Thea Schweikl auch das Auditorium über die Angebote für Senioren des BRK-Kreisverbands Dingolfing-Landau. Sie reichen von Hausnotruf, Essen auf Rädern, betreutem Fahrdienst, Pflegetagesstätte in Landau bis hin zur Beratung von älteren Menschen. „Die älteren Menschen sollten sich wirklich nicht davor scheuen, sich über die Ansprüche beim BRK zu informieren, die ihnen rechtlich zustehen.“
rh

Foto: rh/Landratsamt

Bildunterschrift: Tauschten sich zur demografischen Entwicklung im Landkreis aus. (v.l.) Monika Zistler, Chefarzt Dr. Peter Kolbinger, Moderatorin Verena Maier, Landrat Heinrich Trapp, BRK-Kreisvorsitzende Thea Schweikl und Bürgermeister Ottmar Hirschbichler