Neue Diät, um dem Reizdarm beizukommen

23.02.2018

Patienten mit einem Reizdarm sind oft verzweifelt. Die Betroffenen leiden unter Blähungen, Durchfall und Verstopfung im Wechsel oder einzeln sowie krampfartigen Schmerzen im Bauchbereich. Das Syndrom ist weit verbreitet: Rund 10 bis 15% Prozent der westlichen Bevölkerung sind davon betroffen, wobei sich der Schweregrad der Beschwerden stark unterscheiden kann. Frauen erkranken deutlich häufiger als Männer. Entsprechend groß war daher das Interesse am 16. Gastroenterologieseminar, welches die Darmgesundheit im Mittelpunkt hatte. Chefarzt Prof. Dr. Siegfried Wagner vom DONAUISAR Klinikum und der Ärztliche Kreisverband Deggendorf hatten als Experten Prof. Dr. Martin Storr vom Zentrum für Endoskopie am Klinikum Starnberg eingeladen und fast 100 Mediziner aus ganz Ostbayern waren der Einladung gefolgt. 

Prof. Storr erläuterte, dass das Reizdarmsyndrom eine körperliche Erkrankung ist, bei der durch die in Praxis und Klinik üblichen Untersuchungsmethoden keine fassbaren Ursachen oder Erkrankungen für die Beschwerden gefunden werden können. Die charakteristischen Beschwerden wie Blähungen, Mißempfindung und Bauchschmerzen bestehen über mehr als drei Monate und gehen häufig mit Stuhlgangveränderungen einher. Obwohl die Diagnose Reizdarmsyndrom die Lebenserwartung nicht verkürzt, ist die Beeinträchtigung der Lebensqualität erheblich. Eine einzelne, alles umfassende Ursache des Reizdarmsyndroms konnte bis heute nicht gefunden werden. Allerdings wurden in den letzten Jahren viele Erkenntnisse über die Störungen bestimmter Funktionen des Verdauungstraktes und des Nervensystems gewonnen, die es ermöglichen, die Entstehung der Beschwerden besser zu verstehen. Als wesentliche Ursachen des Reizdarmsyndroms wird eine Fehlfunktion des Nervensystems im Verdauungstrakt, dem sogenannten „Bauchhirn“, angesehen. Des Weiteren werden eine gestörte Darmmotilität und eine veränderte Darmflora als auslösende Faktoren angenommen. Die Symptome können durch die Lebensweise (Ernährung) beeinflusst werden; die Erkrankung wird aber nicht durch eine ungesunde Lebensweise verursacht.

Die Therapie des Reizdarmsyndroms ist, ähnlich wie die multifaktorielle Entstehung, ebenfalls vielfältig. Dabei kann die Ernährung eine wesentliche Rolle spielen. Als eine neue und vielsprechende Therapie empfahl Prof. Storr die FODMAP-Diät. „FODMAP ist ein neues Kunstwort, das eine bunte Gruppe von kurzkettigen Kohlenhydraten und Zuckeralkoholen beschreibt, die in fast allen Nahrungsmitteln stecken“, erläuterte Prof. Storr. Aus verschiedenen Gründen sind diese Nahrungsbestandteile für den Menschen schwer verdaulich. Manche Lebensmittel enthalten viele FODMAPs, etwa Äpfel, Weizenbrot oder Frischkäse. Andere nur wenige, so wie Kartoffeln, Bananen, Karotten oder Parmesan.
 
Lebensmittel mit einem hohen FODMAP-Anteil führen bei Menschen mit sensiblem Darm dazu, dass es vermehrt zu Blähungen, weichem Stuhl, Durchfall oder Darmkrämpfen kommt. Im Dünndarm werden diese FODMAPs meist gar nicht richtig aufgenommen. Etwa weil dem Körper die nötigen Enzyme fehlen oder weil die Transportkapazitäten zu klein sind, um die Moleküle durch die Darmwand zu bekommen. Eine weitere Eigenschaft der FODMAPs besteht darin, dass sie sehr viel Wasser binden. Es sammelt sich Flüssigkeit im Darm an, das erhöht wiederum das Tempo, mit dem der Nahrungsbrei durch die Eingeweide rauscht – bis hin zum Durchfall. Alle FODMAPs werden durch Bakterien schnell vergärt, weil sie aus kurzkettigen Kohlenhydraten bestehen. Deshalb machen sich quälende Symptome wie Blähungen oder Krämpfe auch relativ schnell bemerkbar. 

Prof. Storr betonte, dass jeder die FODMAP-Diät durchführen könne und illustrierte die Vorgehensweise: In der Startphase, den ersten vier bis sechs Wochen, sollten alle FODMAP-reichen Lebensmitteln gestrichen werden und durch FODMAP-arme Produkte ersetzen werden. Diese Diätphase ist wirklich sehr streng, damit der Patient unmittelbar spürt, wie Bauchschmerzen, Blähungen oder Durchfall schwinden. Danach können einzelne Lebensmittel nach und nach wieder in die Diät aufgenommen werden. „So lernt man für jedes FODMAP-reiche Lebensmittel, das einem wichtig ist, welche Menge der Körper verträgt, ohne dass der Darm rumort“, so Prof. Storr. Neben einer Ernährungsumstellung können auch Medikamente eingesetzt werden, die entblähend wirken, wie z.B. Pefferminzöl. Auch pflanzliche Mittel, wie wasserlösliche Flohsamenschalen, können Patienten mit Reizdarm helfen.

Referenten
Prof. Dr. Siegfried Wagner (l.) und Prof. Dr. Martin Storr sprachen zur Darmgesundheit.