Wenn Finger kribbeln und Hände einschlafen

14.02.2018

Wir danken Gerard Zacher für die Überlassung des Berichts:
 
Chefarzt Prof. Rath und Oberarzt Kunz zeigten Behandlungsmöglichkeiten auf

"Schmerzen an der Hand: Was tun bei Karpaltunnelsyndrom, Arthrose und Co.?" lautete das Thema am Dienstagabend im übervollen Vortragssaal der AOK. Über 200 Interessierte waren gekommen. Es sprachen die bekannten Spezialisten vom Klinikum, Chefarzt Prof. Stefan Rath, Klinik für Neurochirurgie, Wirbelsäulenchirurgie und Interventionelle Neuroradiologie, und Oberarzt Anton Kunz, Klinik für Unfallchirurgie, Handchirurgie und Orthopädie.

Die Hand gehört in ihrem Aufbau zu den filigransten und kompliziertesten anatomischen Strukturen des menschlichen Körpers. Schon kleine Verletzungen können schwerwiegende Folgen haben und die Gebrauchsfähigkeit der Hand beeinträchtigen. Handschmerzen zählen zu den häufigeren Beschwerdebildern des menschlichen Organismus. Der sich präsentierende Schmerz kann leicht, stark, zunehmend, spitz, dumpf, drückend, schneidend, bohrend, klopfend, ziehend, brennend, wellenförmig, anfallartig, ausstrahlend, lokal begrenzt, akut oder chronisch sein. Schmerzen im Bereich der Hand können durch verschiedene Verletzungsmuster entstehen, z.B. Prellungen, Stauchungen, Verrenkungen, Frakturen, Quetschungen oder Schnitt- und Platzwunden. Hämatome (Blutergüsse, z.B. durch einen Stoß) verursachen durch den Druck auf das Gewebe unter Umständen ebenfalls Schmerzen.

Vielfach liegen entzündliche Prozesse oder Erkrankungen vor, die dem rheumatoiden Formenkreis zugeordnet werden können. Auch alters- oder erkrankungsbedingte degenerative Prozesse im Bereich der Knochen, Gelenke, Muskeln und Gefäße zählen mit zu den häufigeren Diagnosen.

Als ausgewählte Erkrankungen standen bei den sehr interessanten und gut dargestellten Vorträgen der beiden weithin bekannten Spezialisten insbesondere das Karpaltunnelsyndrom und die Arthrose der Hand im Fokus. Beim Karpaltunnelsyndrom (KTS) liegt eine Schädigung eines Nervs im Handbereich, des Nervus medianus (Mittelnerv), vor. Der Karpaltunnel (auch Karpalkanal genannt) ist der Raum zwischen den Handwurzelknochen und dem darüberliegendem Karpalband (Ligamentum carpi transversum), durch den verschiedene Sehnen und der Medianus-Nerv verlaufen. Dieser Nerv ist für die Empfindungsfähigkeit des Daumens, Zeige- und zum Teil auch Mittelfingers zuständig. Außerdem ist er für die Steuerung bestimmter Hand- und Fingermuskeln verantwortlich.Die Schädigung des Nervs führt folglich zu Symptomen wie nächtlichem Kribbeln und Taubheitsgefühl im Bereich von Daumen bis Mittelfinger. Im späteren Stadium können auch Schmerzen beim Greifen auftreten. Das Karpaltunnelsyndrom kommt vor allem bei Menschen zwischen 40 und 60 Jahren vor, wobei Frauen drei- bis viermal häufiger betroffen sind als Männer. Im Landkreis Deggendorf werden etwa 500 Personen entsprechend jährlich diagnostiziert, so Chefarzt Dr. Rath.

Referenten
Über Handschmerzen diskutierten (v.l.) Schirmherrin Margret Tuchen, Kneippvorsitzender Gerard Zacher, Chefarzt Prof. Dr. Stefan Rath, Oberarzt Anton Kunz, AOK-Vertreter Dietmar Liebhaber und Johanna Nothhaft.

Der Chefarzt verdeutlichte die vielen möglichen Ursachen. Äußere Einflüsse spielen beim Karpaltunnelsyndrom (KTS) insgesamt nur eine geringe Rolle, es ist fast immer anlagebedingt. Risikofaktoren für ein Karpaltunnelsyndrom sind zum Beispiel Zuckerkrankheit (Diabetes), rheumatische Erkrankungen und eine Schwangerschaft. Normale Alltagsaktivitäten wie Schreiben, die Bedienung eines Computers oder Sport erhöhen nicht die Wahrscheinlichkeit, dass ein Karpaltunnelsyndrom auftritt.

Starke berufliche Handgelenksbelastungen mit anhaltend wiederkehrendem Abknicken der Hand im Handgelenk (zum Beispiel bei Montagearbeiten) können das Auftreten eines Karpaltunnelsyndroms dagegen fördern. Wer solche Tätigkeiten ausübt, sollte daher auf regelmäßige Pausen achten.

Eine Behandlung ist immer dann nötig, wenn die Beschwerden häufig oder anhaltend auftreten. Bei einer leichteren Ausprägung des Karpaltunnelsyndroms, kann der Arzt eine Handgelenksschiene für die Nacht verordnen oder entzündungshemmendes Kortison in Tablettenform oder als Spritze in den Karpaltunnel verabreichen. Eine Kortisontherapie sollte nur über einen kurzen Zeitraum hinweg durchgeführt werden. Behandlungen mit Ultraschallwellen scheinen manchmal ebenfalls lindernd zu wirken.

Wenn Taubheitsgefühle und Ausfälle der Muskelfunktion länger anhalten, sich durch die oben genannten Behandlungsmaßnahmen nicht bessern oder den Betroffenen stark belasten, kann eine Operation in Frage kommen. Die operative Behandlung eines Karpaltunnelsyndroms kann entweder durch eine offene oder durch eine endoskopische Operation (in "Schlüssellochmethode") erfolgen. Das Ergebnis ist in den meisten Fällen, bei über 90 Prozent gut. Viele Beschwerden, wie Schmerzen und Taubheitsgefühl in der Nacht bessern sich quasi sofort. Ein Muskelabbau, der schon länger vor der Operation bestand, dürfte allerdings auch durch den Eingriff nicht mehr rückgängig zu machen sein.

Zuhörer

Im Bereich der Gelenke kommt es in vielen Fällen vor allem zu einer Arthritis (Gelenkentzündung) bzw. Arthrose (Gelenkverschleiß, meist als Folge einer Arthritis). Der zunehmende Schmerz sowie der langsame Verlust von Gelenkflächen (vermehrte Reibungen der Knochenenden aufeinander) verursachen eine fortlaufende Bewegungseinschränkung, die sich z.B. in Form von Griffschwächen äußert. Meist sind die Fingerglieder betroffen, jedoch kann auch das Handgelenk selbst in Mitleidenschaft gezogen sein.

Die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten im Rahmen der Handchirurgie und Plastischen Chirurgie wurden aufgezeigt. Ein chirurgischer Eingriff kann sinnvoll sein, wenn die Arthrose trotz Ausschöpfen der nicht-operativen Verfahren fortschreitet und die Patienten unter Schmerzen leiden.

Den Vorträgen schloss sich eine Aussprache an. Es handelte sich um eine Veranstaltung im Rahmen der Reihe "Gesundheit im Dialog 2018". Veranstalter waren die AOK, das Klinikum, der Kneippverein sowie die vhs.